Ein Derby in Kapfenberg
Am Pfingstmontag kam es in der obersteirischen
Stahlstadt Kapfenberg zu einem sportlich besonders kuriosen Duell zwischen dem heimischen
KSV 1919 und dem Überraschungsteam
aus Hartberg. Während die Heimmannschaft eine durchwachsene Saison in der
unteren Tabellenhälfte beenden wird, spielen die Gäste eigentlich noch um einen
Fixaufstieg in die höchste österreichische Spielklasse.
In den letzten Wochen kristallisierten sich
dabei aber nicht etwa die Aufstiegskonkurrenten Ried oder Wiener Neustadt als
Spielverderber heraus. Viel eher stellen die Lizenzauflagen der Bundesliga in
diesem Fall eine schier unüberwindbare Hürde dar, weshalb die Oststeirer auf Lizenzerteilung
in dritter Instanz hoffen müssen. Tabellarisch würden allerdings schon drei
Punkte genügen, um bereits eine Runde vor Saisonende als Vizemeister
festzustehen.
Mein Anreiseweg führte mich bereits in aller
Frühe nach Wien-Meidling, um wenige Minuten später per Bahn in Richtung
Obersteiermark zu reisen. Nach knapp zwei Stunden Zugfahrt stand ich auch schon
in dem größentechnisch überschaubaren Stadtzentrum des heutigen Zielortes. Mein
Vorhaben, die Stadt zu Fuß in einigen Stunden zu erkunden, galt mangels
Verweilmöglichkeiten schon nach einigen Minuten als abgeschlossen. Aufgrund des
Feiertages waren sämtliche Restaurants und Cafés geschlossen, lediglich ein
Kebap-Imbiss sowie eine Tankstelle verblieben als Möglichkeiten zur
Nahrungsaufnahme.
Da das Franz-Fekete-Stadion
gemeinhin als beinahe einzige Sehenswürdigkeit der Stadt bezeichnet werden
kann, war ich erstmals mit dem Berufsrisiko eines Groundhoppers konfrontiert. So
endete meine Erkundungstour nach einer kleinen Stärkung auch schon in
unmittelbarer Stadionnähe. Genauer gesagt vergingen keine weiteren 10 Minuten, ehe
ich mich vor einem großen Sportzentrum befand, das neben der Heimstätte des KSV 1919 auch über eine Basketball-,
Schwimm- und Eishockeyhalle verfügt.
Passend dazu wurde erst vor wenigen Monaten die
sogenannte Teamsportakademie
eröffnet, welche talentierte Jugendliche unter ausgezeichneten Rahmenbedingungen
auf ihr Leben als Profisportler vorbereiten soll.
Die Ausgangslage
Die Tabellensituation ließ schon vor dem Spiel
vermuten, dass der Gastgeber bedingt durch die sportlich aussichtslose
Situation nicht zwingend mit der bestmöglichen Mannschaft auflaufen wird.
Hartberg hingegen wollte noch einmal alle verfügbaren Kräfte mobilisieren, um
den zweiten Tabellenplatz bereits an diesem Feiertag zu fixieren. Zeitgleich
agierten die Heimischen erstmals mit Interimstrainer Karl-Heinz Kubesch in der
Coaching-Zone sowie einigen Debütanten in der Startelf und auf der Ersatzbank.
Das Franz-Fekete-Stadion
Das Mehrzweckstadion inklusive Laufbahn wurde
vor fast 70 Jahren erbaut, seither mehrmals adaptiert und später zu Gunsten des
gleichnamigen und ehemaligen Bürgermeisters der Stadt unbenannt. Heute wirkt
die Arena mit einem Fassungsvermögen von 12 000 Besuchern äußerlich kompakt und
durch ihre Lage am Fuße mehrerer Hügel einzigartig.
Vor einigen Jahren galten die Obersteirer noch
als aufstrebender Bundesligist, der stets versuchte, die aktuellsten Stadionanforderungen
zu erfüllen. Ein durchgehendes Baukonzept wurde dabei zwar nicht beachtet,
dafür umschließen die Sitz- und Stehplätze aber zumindest das gesamte Spielfeld.
Während alle Sitzplätze überdacht sind, bleiben die unzähligen Stehplätze den steirischen
Wetterkapriolen ausgesetzt. Die Fans der Heimmannschaft können sich am gesamten
Stadiongelände beinahe frei bewegen, lediglich der Gästesektor kann nur von dem
dafür vorgesehen Eingang betreten werden. Insgesamt existieren vier Eingänge,
einer davon ist für Gästefans reserviert. Weiters stellt der Verein in
unmittelbarer Nähe kostenlose Parkmöglichkeiten zur Verfügung. Auch wenn die
eine oder andere Adaptierung nötig wäre um qualitativ mit Stadionneubauten
mithalten zu können, ist die Heimstätte des KSV
1919 zweifelsfrei zweitligatauglich.
Die Gastronomie
Eine Kantine neben dem Haupteingang und mobile
Verkäufer sichern die gastronomische Versorgung und veräußern übliche
Stadionsnacks und Getränke zu durchschnittlichen Preisen. So erhält man
beispielsweise eine Schnitzelsemmel für vier Euro, Getränke kosten drei Euro und
werden direkt an den Platz geliefert.
Durch die kundenorientierte Mobilität und
vergleichsweise geringer Zuschauerzahlen entfallen längere Wartezeiten.
Begeistert von dem kulinarischen Angebot dürften auch die Hartberger Spieler
und Betreuer gewesen sein, welche nach dem Spiel nicht nur die Biervorräte erheblich
schmälerten.
Die Fanszenen
Die Gastgeber wurden in ihren sportlichen
Glanzzeiten meist von einer doch respektablen Fanschar unterstützt und auch der
TSV Hartberg versuchte zumindest einmal, eine mehr oder weniger organisierte
Fanszene entstehen zu lassen. Die Fanklubs der Kapfenberger wurden vor dem
Anpfiff sogar persönlich via Stadiondurchsage begrüßt und vergaßen auch nicht
auf die Mitnahme ihrer Zaunbeflaggung. Dennoch vernahm ich nur vereinzelt
allseits bekannte und von einer Trommel begleitete Fangesänge, die relativ
schnell verstummten. Insgesamt beteiligten sich rund 25 Supportwillige an den
rot-weißen Anfeuerungsinitiativen.
Obwohl der Auswärtssektor unbesetzt blieb,
fanden geschätzte 200 Gästefans den Weg in die Obersteiermark und
komplettierten damit die offizielle Zuschauerzahl von 1550 Personen. Besonders
in der zweiten Halbzeit sowie nach Spielende konnte man die oststeirische
Abordnung akustisch vernehmen. Optische Mittel waren allerdings auch hier
absolute Mangelware. Die Altersstruktur beider Fanszenen scheint ziemlich
ähnlich zu sein, ebenso das Problem des fehlenden Fannachwuchses.
Das Spiel
Es dauerte zunächst einige Minuten, bis beide
Mannschaften erstmals nennenswerte Torannährungen verbuchen konnten. In der
Anfangsphase ergab sich dadurch ein ausgeglichenes aber nicht wirklich
mitreißendes Spiel, das erst nach einer knappen halben Stunde Fahrt aufnahm.
So eröffnete zunächst Daniel Geissler mit
einem Flachschuss aus zwanzig Metern den steirischen Torreigen, gespielt waren
dabei 31 Minuten. Die Gäste antworteten kurz darauf in Form von Dario Tadic,
der Torwartdebütant Zocher mit einem unhaltbaren Schuss von der Strafraumgrenze
bezwingen konnte. Nun sollte sich ein abwechslungsreiches Spiel entwickeln, in
dem beide Teams gute Torchancen herausspielten. Kurz vor der Pause vergaben
jeweils Tadic für Hartberg sowie Eloshvili für die Falken aus zentraler
Position vor dem gegnerischen Torwart.
Die zweite Spielhälfte begann prompt mit einer
Drangperiode der Gastmannschaft, die zunächst durch Tadic und danach auch noch
durch Mislov gute Einschussmöglichkeiten vorfand. Nach einer knappen Stunde war
Kapfenberg der Führung aber wieder sehr nahe. Maier scheiterte jedoch per
Volley an Torwart Faist. Es sollte zugleich die bei weitem beste und zugleich
letzte nennenswerte Torchance der Heimischen bleiben.
Fortan übernahmen nämlich wieder Dario Tadic
und Kollegen die Initiative. Sie drängten auf den Führungstreffer, der
letztendlich in Minute 66 fällt. Nach einem Eckball gelangt der Ball erneut zu
Tadic, dieser mit dem Zuspiel auf Mitspieler Rotter und letztendlich bringt
Sebastian Feyrer die Gäste mit einem unglücklichen Eigentor in Führung. In
weiterer Folge fand Hartberg immer bessere Torchancen vor, allen voran Zakaria
Sanogo bot eine gute Leistung und fixierte mit einem schönen Solo den 1 : 3
Endstand. Erwähnenswert ist auch die gelb-rote Karte für KSV-Stürmer Rangel,
der das Spielfeld berechtigterweise vorzeitig verlassen musste.
Insgesamt reist Hartberg als verdienter Sieger
zurück in heimische Gefilde, Kapfenberg konnte sich der Heimniederlage vor allem
nach dem Seitenwechsel nicht wirklich entgegenstemmen. Allerdings verhalf
Trainer Kubesch einigen sehr jungen Akademiespielern zu ihren Profidebüts,
womit die Begegnung letztendlich auch ihren Zweck als praxisorientierte
Lerneinheit erfüllte.
Fazit
Summa summarum war es für mich ein weiterer
interessanter Ausflug, den man definitiv während eines gewöhnlichen Werktages durchführen
sollte. Darüber hinaus entschädigten vier wirklich schöne Tore für die
Anreisestrapazen und das viel zu schnell aufgebrauchte Freibier.
Prinzipiell bietet die neue zweite Liga eine
ideale Plattform für Vereine wie den KSV 1919. Durch die Zukunftsinvestition in
ein optisch gelungenes Akademiegebäude und eine klare Vereinsstrategie treten
talentierte Spieler künftig früher mit dem Profifußball in Kontakt.
Aufgrund der herausragenden sportlichen
Performance wäre ein Ligaverbleib für Hartberg zwar bitter, langfristig gesehen
aber sicher vernünftiger. Ein erneutes Aufeinandertreffen in der kommenden
Saison scheint aktuell nicht nur realistisch, sondern aufgrund der
bevorstehenden Kaderumstrukturierungen auch sportlich ausgeglichener zu
verlaufen.
Kapfenberg und Hartberg sind eben mittlerweile
weder als Amateurverein noch als absoluter und finanzkräftiger Profiklub einzustufen.
Das neue Ligaformat scheint daher ideal auf die wirtschaftliche Kragenweite
beider Klubs zugeschnitten.
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