Eine stimmgewaltige Begegnung
Der Karlsruher SC stieg in der letzten Saison in die 3. Liga ab und empfing deshalb am Samstag, dem 29. Oktober 2017 den 1. FC Magdeburg. Da beide Vereine über ein relativ hohes Fanpotenzial verfügen, war schon im Voraus für ein stimmgewaltiges Duell gesorgt. Meine Anreise führte von Stuttgart mit dem Regionalzug direkt nach Karlsruhe, die Zeit vor dem Anpfiff wollte ich für eine kleine Erkundungstour der Stadt nutzen. Der plötzlich immer stärker werdende Regen verhinderte die Ausführung dieses Vorhabens aber, sodass ich die meiste Zeit in den Lokalitäten der Bahnhofshalle verbringen musste.
Gegen 12 Uhr zogen die dichten Regenwolken weiter und wenige
Straßenbahnstationen sowie einen kurzen Fußmarsch später, steuerte ich direkt
auf das Wildparkstadion zu. Meine Route führte an den Parkplätzen der zahlreich
mitgereisten Gästefans vorbei und endete schlussendlich in einem Waldstück. Die
Heimstätte des KSC wird ihrem Namen somit gerecht, bei Schlechtwetter könnte
die Anreise aufgrund des völlig durchnässten Untergrundes ziemlich unangenehm
werden.
Besonders hervorzuheben ist das enorm hohe
Sicherheitsaufgebot an diesem Tage. Selbst die Eingangskontrollen wurden
überaus gewissenhaft durchgeführt. Ein großes Kompliment gilt auch dem
Stadion-DJ, der eine optimale Playlist für diesen Spieltag zusmmenstellte.
Die Ausgangslage
Magdeburg rangiert nach 13 Spieltagen auf Platz 3 und würde
mit einem Sieg den Anschluss an Tabellenführer Paderborn wahren. Die Karlsruher
rehabilitierten sich nach einem schwachen Start und sind nun wieder auf dem Weg
in das gesicherte Mittelfeld.
Das Wildparkstadion
Die einmalige Lage führt – wie eingangs erwähnt – zu
mehreren Problemen. So ist eine absolute Fantrennung vor dem Stadion nicht
möglich und auch die Unübersichtlichkeit der Parkanlage stellt für nicht
ortskundige Personen ein Problem dar.
Infrastrukturelle Highlights sucht man vergeblich, in
Karlsruhe wird ein nahezu nostalgischer Flair gelebt und verdeutlich. So gibt
es beispielsweise keine Drehkreuze, die Tickets werden mit einem Handscanner
überprüft und auch die Kassen stehen in mitten diverser Laubhaufen abseits der
Geländeumzäunung. Darüber hinaus stehen lediglich Dixi-Toiletten zur Verfügung,
um seine persönliche Notdurft zu verrichten. Der hygienische Zustand dieser
Plastikhäuschen ist zumindest als fragwürdig einzustufen.
Die 10 000 Stehplätze des knapp 29 000 Besucher fassenden
Leichtathletikstadions bestehen größtenteils aus einer undefinierbaren
Erdschicht, die bei Regen relativ schnell in Matsch umgewandelt wird.
Grundsätzlich existiert neben der zweirängigen Haupttribüne
eine Gegengerade, die als Fanblock des KSC genutzt wird sowie eine Nord- und
Südkurve. Letztere beherbergt den großzügigen Gästesektor, der an diesem Tag
nicht vollends ausgelastet war.
Selbst ein Kinderspielplatz wurde in den unteren Reihen des
Familienblocks errichtet, sodass dieser während des Spieles benutzt und
beaufsichtigt werden konnte.
Die Gastronomie
Das Angebot kann getrost als überschaubar bezeichnet werden
und war im Vergleich zu meinem gestrigen Besuch in Aalen auch leicht teurer.
Ein Testurteil hierzu gibt es meinerseits leider nicht, den zufrieden
aussehenden Kunden scheint es allerdings geschmeckt zu haben.
Die Fanszenen
Bereits vor Anpfiff unternahmen beide Seiten erste
Lautstärkentests, wobei die Gäste einen eindeutigen Punktsieg einfahren
konnten. Mit teilweise brachialer Lautstärke wurden mehrheitlich kurze
Fangesänge vorgetragen, um die aufwärmende Mannschaft zu motivieren. Kurz vor
14 Uhr kam es seitens der Gästefans zu kleineren Auseinandersetzungen mit
einigen Sicherheitskräften, die aber rasch aufgelöst werden konnten.
Der KSC-Fanblock befindet sich auf der Gegengerade, wobei
der harte Kern eher im oberen Tribünenteil zu finden ist. Eine
Lautsprecheranlage verschaffte dem Vorsänger eine höhere Reichweite, die selbst
auf der Haupttribüne nicht zu enden schien. Während des Spiels wurde das ein
oder andere Spruchband genutzt, um neue Mitglieder zu begrüßen.
Magdeburg verfügte gleichzeitig über drei Vorsänger
inklusive Megaphon, die immer wieder auch optische Einflüsse wie Schalparaden
nutzten. Beide Blöcke zeichneten sich weiters durch eine hohe Mitmachquote
sowie eine ansehnliche Zaunbeflaggung aus.
Mit Fortdauer der Begegnung bauten die Heimfans
überraschenderweise ab, während die Gäste bis zum Schlusspfiff laut blieben.
Das Fanduell konnte der 1. FC Magdeburg klar für sich entscheiden, die
Intensität ihrer Gesänge war schlichtweg phänomenal.
Zum Spiel
Die erste Torchance der Begegnung war den Gästen vorbehalten
und resultierte in Minute 28 aus einem wunderbaren Zuspiel auf Türpitz, der
nach einem Haken alleine vor Torwart Uphoff stand, den Ball aber links am Tor
vorbeisetzte. Es entwickelte sich ein zähes Spiel, das erst in Minute 40 wieder
Fahrt aufnahm. Wanitzek probierte sein Glück aus 30 Metern und traf via
Innenstange mit einem Traumtor zur Führung der Heimmannschaft.
Nach der Pause entwickelte sich ein chancenreiches Spiel,
das jeweils durch Kopfballchancen von Erdmann bzw. Gordon wiedereröffnet wurde.
In Minute 55 konnte Uphoff einen Eckball der Magdeburger nicht entscheidend
klären und hatte schlussendlich Glück, als der Ball nur Zentimeter an seinem
Gehäuse vorbeirollte. Kurz vor der Stundenmarke boten sich plötzlich Räume für
den KSC, die insgesamt schwache Sturmabteilung konnte selbst zwei hochkarätige
Chancen hintereinander nicht in einen Torerfolg ummünzen.
In weiterer Folge gewann die Partie an Spannung und
Intensität, daraus resultierte ein offener Schlagabtausch mit vielen Chancen
auf beiden Seiten. So vergab unter anderem Cahed aus aussichtsreicher Position
für die Gäste.
Kurios wurde es vier Minuten vor Ende der regulären
Spielzeit, als die Karlsruher nach einem Ballverlust der Magdeburger schnell
umschalteten. Schleusener vollbrachte das Kunststück, eine flache Hereingabe
aus drei Metern nicht im Tor unterzubringen, sodass die Heimischen nochmals
zittern mussten.
Abreise
Bedingt durch den anstehenden Besuch der Begegnung VFB
Stuttgart – SC Freiburg war ich dazu gezwungen, das Stadion schon kurz vor
Abpfiff zu verlassen. Der Rückweg führte mich zunächst durch den Wildpark,
anschließend vorbei an dem Karlsruher Schluss und schlussendlich zu der
nächsten Straßenbahnhaltestelle, um auch rechtzeitig wieder den Zug in Richtung
Stuttgart betreten zu können. Diesmal war ich auf einen TGV angewiesen, der
gegen 17 Uhr bereits in Stuttgart ankam und mir somit noch die Gelegenheit bot,
Bundesligaluft zu schnuppern.
Fazit
Verglichen mit meinen gestrigen Erlebnissen in Aalen,
erinnerte während der Begegnung zwischen dem KSC und dem 1. FCM lediglich das
baufällige Stadion – ein Neubau wurde vor wenigen Monaten beschlossen - an eine
Drittligapartie. Stimmungstechnisch überzeugte vor allem der brachiale Gästeblock
(Block U), doch auch die Szene KA musste sich keineswegs
verstecken.
Spielerisch habe ich in der Vergangenheit bessere Spiele
erlebt, in Deutschland wird scheinbar zumindest in den unteren Ligen wenig Wert
auf einen ansehnlichen Kombinationsfußball gelegt. Die Lage des Stadions kann
getrost als einmalig bezeichnet werden, auch das nahezu nostalgische Flair des
Stadions entpuppte sich als unerwartete Nebenerfahrung. Einzig das Wetter sowie
die stressige Abreise verliefen nicht perfekt, dennoch ging somit der erste
Teil eines ereignisreichen Tages zu Ende, welchen ich sehr genossen habe.
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