Groundhopperdebüt - zu Gast in Floridsdorf
Schon seit meiner Geburt bildet Fußball einen elementaren Bestandteil meines Lebens, schon immer habe ich mich dafür begeistert, selber dem Ball nachzujagen, oder zumindest anderen Sportbegeisterten dabei zuzusehen.
In den letzten Monaten ist in mir auch eine gewisse
Reiselust ausgebrochen, sodass ich mich mittlerweile bewusst als
Gelegenheitsgroundhopper bezeichnen würde. Während der Sommerpause 2017
beschloss meine Wenigkeit, die Erlebnisse in diesem Zusammenhang auch
schriftlich festzuhalten. Ursprünglich wollte ich zum Einstand einem - für
meine Verhältnisse - spektakulären Spiel beiwohnen. Aufgrund terminlicher
Kollisionen und Verschiebungen seitens der Fußballverbände, musste ich mich mit
einer gewöhnlichen Partie der zweithöchsten österreichischen Spielklasse
begnügen.
Die Ausgangslage
Am Dienstag, dem 8. August 2017 um 18:30 empfing der
Floridsdorfer Athletikclub die Mannschaft der WSG Wattens aus Tirol. Der
Anstoßzeitpunkt war alles andere als fanfreundlich, das sollte sich auch an der
geringen Zuschauerzahl bemerkbar machen, dazu aber später mehr. Auf dem Papier
war die Gastmannschaft leicht zu favorisieren, während die Gastgeber noch
punktelos auf dem 10. und somit letzten Platz der Sky Go Erste Liga rangierten, konnte die Truppe von Coach Thomas
Silberberger immerhin schon sechs Punkte aus den ersten drei Spielen einfahren.
Die Anreise
Die Anreise verlief problemlos, mit U-Bahn und Straßenbahn
gelangte ich fast bis vor den gut versteckten Haupteingang, welcher zugleich
auch als einzige Zutrittsmöglichkeit fungierte. Neben den zwei Kartenhäuschen
parkte zufällig der Bus des heutigen Gegners, welchen ich selbstverständlich
bildlich festhielt.
Für einen ermäßigten Eintritt inklusiver freier Platzwahl
auf dem gesamten Gelände musste ich immerhin € 13 lohnen, weit mehr als
beispielsweise in der Regionalliga. Dafür durfte ich schlussendlich einen sehr
facettenreichen Ground betreten, der schlicht FAC-Platz genannt wird.
Der FAC-Platz
Grundsätzlich gibt es zwischen der Heimstätte des
Floridsdorfer Athletikclubs und anderen Sportplätzen in den Regional- oder
Landesligen kaum nennenswerte Unterschiede. Der FAC investierte nach dem
Aufstieg in den (gut) bezahlten Fußball 2014 mehrere hunderttausende Euros in
die Infrastruktur. Neben Adaptierungsarbeiten an der Haupttribüne mit knapp 300
überdachten Sitzplätzen sowie einem kleinen VIP-Bereich für ca. 150 Besucher,
wurde eine überdachte Hintertortribüne eröffnet, welche Platz für knapp 300
Fans bietet. Darüber hinaus existiert seither ein ebenfalls überdachter
Gästesektor mit rund 300 Stehplätzen. Auch die Gegengerade wurde mit etwas
weniger als 250 Plastiksitzen ohne Überdachung ausgestattet, sodass der Platz
in der Hopfengasse inklusiver zahlreicher Stehplätze genau 3000 Besucher
gleichzeitig beherbergen kann. Vor allem in den Sommermonaten ist die
Gegengerade sehr empfehlenswert. Ausreichend Platz und gute Sicht sorgten
dafür, dass ich ihr den Vorzug gegenüber anderen Sitzmöglichkeiten gab.
Die technische Ausstattung ist an die Minimalvoraussetzungen
der Bundesliga angepasst, auf kostenintensive Vidiwalls wurde verzichtet, eine
einfache Anzeigetafel, vier standardisierte Flutlichtmasten sowie eine
gewöhnliche Lautsprecheranlage ergänzen das Equipment. Auch an dieser Stelle
ist deutlich ersichtlich, dass die zweithöchste Spielklasse eine finanzielle
Herausforderung darstellt. Um vernünftig arbeiten zu können, benötigt ein
Verein dieser Leistungsstufe in etwa 2 Millionen Euro, nicht viel Geld im
Profibetrieb. In vielen Fällen muss jeder Cent zweimal umgedreht werden,
größere Investitionen, zum Beispiel in moderne Vidiwalls sind einfach nicht zu
stemmen, schon gar nicht bei diesen geringen Einnahmen.
Die Stadiongastronomie
Kulinarisch bieten die Floridsdorfer stadiontypische und vor
allem deftige Gerichte zu moderaten Preisen. Eine qualitativ sehr hochwertige
Schnitzelsemmel gibt es für € 3,50, ein Bier dazu kostet exakt gleich viel. Von
der übertriebenen Preisgestaltung zahlreicher Bundesligisten ist man hier noch
ein Stück weit entfernt, wenngleich es natürlich günstigere Alternativen gibt.
Die Fanszenen
Weder der Gastgeber, noch die Gäste verfügen über eine
organisierte Fanszene. Vereinzelt finden sich bei wichtigen Spielen einige
supportwillige Personen zusammen, um ihr Team auch lautstark zu unterstützen. Das
war gestern über die gesamte Spieldauer nicht der Fall, sodass kaum akustische
Unterstützung zu vernehmen war. Der Stadionsprecher versuchte zwar vehement,
die anwesenden Zuschauer dazu zu animieren, das Heimteam lautstark zu
unterstützen, allerdings vergeblich. Dennoch sparten die Fans der
Heimmannschaft nicht mit Kritik an der eigenen Mannschaft oder dem
Schiedsrichterteam. Die kleine Fanschar des FAC besteht größtenteils aus
Personen, welche eng mit dem Bezirk Floridsdorf verbunden sind. Vorwiegend
unterstützen allerdings ältere Herren ihren Grätzlverein.
Gestern fand – wohl auch bedingt durch den suboptimal frühen Anstoß – leider
kein Auswärtsfan den Weg in den 21. Wiener Gemeindebezirk, insgesamt waren 552
Besucher an den FAC-Platz gepilgert.
Das Spielgeschehen
Vor Anpfiff erwartete ich eine spielerisch schwache Partie,
gepaart mit einigen Härteeinlagen. Schon nach wenigen Minuten konnte ich
erfreulicherweise feststellen, dass ich mich getäuscht hatte. Die Heimischen
fanden besser ins Spiel und markierten mit einem Lattenkopfball von Neuzugang
Docekal nach einem Hinterberger-Freistoß ein erstes Ausrufezeichen. In weiterer
Folge plätscherte das Spiel vor sich hin, konkrete Torchancen waren Mangelware.
Nach 25 Minuten musste Torjäger Docekal verletzt ausgewechselt werden, er wurde
durch Rapid-Leihgabe Albin Gashi ersetzt, welcher sofort für Gefahr sorgte und
ein gutes Spiel absolvieren sollte.
Erst knappe zehn Minuten Pause kombinierten sich die Gäste
gefährlich vor das Tor von FAC-Keeper Fraisl, der Abschluss von Zangerl ging
aber knapp am Tor vorbei. Mit einem leistungsgerechten 0:0 ging es in die
Halbzeitpause.
Die Wattener übernahmen nach Wiederanpfiff sofort das
Kommando, konnte aber weiterhin kaum gefährliche Offensivaktionen
herausspielen. Entgegen dem Spielverlauf erzielte Albin Gashi dann in Minute 53
den Führungstreffer für die Heimmannschaft. Nach einem Lochpass von Bergmeister
lief Flavio dos Santos in Richtung Strafraum. Gästetorwart Oswald irrte
zunächst unsicher durch den Sechzehner, um gleich darauf eilig auf seine
Torlinie zurückzukehren. Einstweilen bediente dos Santos den völlig
freistehenden Gashi, welcher dem Torwart aus 11 Metern keine Chance lies. Die
Erleichterung war sowohl der Mannschaf und dem Trainerteam als auch den Fans
der Athletiker deutlich anzusehen.
Wenige Augenblicke später war es abermals Gashi, der nach
einem sehenswerten Solo aus ca. 30 Metern abzog, sein Schuss verfehlte das
Gästegehäuse allerdings deutlich. Wiederum kurz darauf versuchte es dos Santos
mit einem Volleyschuss nach einer Gashi-Flanke, aber auch dieser Ball landete
im Floridsdorfer Abendhimmel. Anschließend gab es nur noch wenige nennenswerte
Torraumszenen, obwohl die Tiroler fleißig auf den Ausgleich pressten und der
FAC gefährliche Konteransätze offenbarte. So dauerte es bis zur 80. Minute, ehe
ein Akteur wiederholt Torgefahr ausstrahlte. Erneut war es der an diesem Tag
sehr starke Gashi, welcher sich gegen mehrere Spieler durchsetzen konnte, seine
Schnelligkeit ausnutzte, schlussendlich aber doch an Torhüter Ferdinand Oswald
scheiterte.
Ein weiterer Aufreger sollte gegen Ende der dreiminütigen
Nachspielzeit in Hälfte zwei folgen. Aus einer schlecht ausgetragenen
Standardsituation der Gäste folgte ein Konter für den FAC, welcher jedoch vom
Wattener Mittelfeldakteur Benjamin Pranter regelwidrig mir einem Handspiel als
letzter Mann unterbunden wurde. Anstatt auf Vorteil zu entscheiden und der
Heimmannschaft das fast sichere zweite Tor zu gewähren, entschied der ansonsten
gute Schiedsrichter Kijas auf Freistoß für die Athletiker, zückte allerdings
nur die gelbe Karte. Am Ausgang des Spiels änderte diese Fehlentscheidung
glücklicherweise nichts mehr, sodass die Mannen von FAC-Coach Eidler die ersten
drei Punkte dieser Saison bejubeln durften. Schlussendlich war es ein
verdienter Heimsieg für die Wiener, auch aufgrund der besseren Torchancen.
Fazit
Insgesamt war es ein sehr unterhaltsamer Fußballabend,
welcher die Probleme der zweithöchsten österreichischen Spielklasse allerding
sehr gut hervorhob. Unter anderem sorgen suboptimale Anstoßzeiten für extrem
geringe Zuschauerzahlen, gerade einmal 552 Besucher verirrten sich an den
FAC-Platz. Wenn man bedenkt, dass das Ticketing und die Gastronomie
Haupteinnahmequellen der Vereine darstellen sollen, ist es nachvollziehbar, wie
schwer es tatsächlich ist, einen Jahresetat von mindestens zwei Millionen Euro
aufzustellen. Auch für die Spieler stellt diese Liga ein gewisses finanzielles
Risiko dar. Ein Großteil von ihnen verdient weniger als € 30 000 brutto im Jahr
inklusive Prämien. In diesem Sinne ist die Verkleinerung des heimischen
Profifußballs auf eine anstatt zwei Vollprofiligen mit dem nächsten Jahr sicher
zu begrüßen.
Sportlich verlief die Partie auf einem akzeptablen Niveau,
große Unterschiede im Vergleich zu Regionalligateams der oberen Tabellenhälfte
gab es aus meiner Sicht aber nicht. Preislich gibt es allerdings sehr wohl
signifikante Ungleichheiten. Anstatt € 13 kostet mich der Eintritt beim Wiener
Sportklub beispielsweise (noch) knappe € 4. Anstatt einmal den FAC zu besuchen,
könnte es mich für einen geringeren Preis auch dreimal nach Wien-Hernals
verschlagen.
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